Viele Verkehrsmaschinen fliegen mit Triebwerken von Rolls Royce. Der neue Boeing Dreamliner kann beispielsweise damit geordert werden. Anders als im Automobilsektor, hat das nichts mit elitärem Luxus zu tun. Airlines entscheiden sich dafür auf Basis nüchterner Wirtschaftlichkeitsberechnungen, abhängig von der geplanten Nutzung der jeweiligen Maschine.

 

Dass einer der Unternehmensgründer einen noch weit bedeutenderen Impuls für die Luftfahrt gab, ist hingegen längst in Vergessenheit geraten. Ein Blick zurück: Am 27.8.1877 wurde Charles Stewart Rolls als drittes Kind wohlhabender Adliger aus Wales geboren. Seine Schulausbildung erhielt er standesgemäß in Eton und studierte in Cambridge Maschinenbau. Als Technik-Freak war er von den aufkommenden Automobilen begeistert und überredete seinen Vater zum Kauf eines der ersten Peugeots. 1902 wurde aus der Begeisterung ein Beruf, Rolls eröffnete ein Autohaus in London und bemühte sich, dort die besten weltweit erhältlichen Wagen anzubieten. Er hätte gerne auch etwas Britisches im Programm gehabt, doch die heimischen Hersteller überzeugten ihn nicht.

 

Im Mai 1904 lernte Rolls in Manchester den Mechaniker Frederick Henry Royce kennen. Die beiden passten perfekt zueinander. Sie waren vom gleichen Perfektionsdrang getrieben und beschlossen, gemeinsam Autos zu bauen. Bald präsentierten sie ihr erstes Fahrzeug. An Selbstbewußtsein mangelte es nicht; sie bezeichneten ihren „Rolls Royce“ als „Bestes Auto der Welt“. Ab 1907 wurde der legendäre „Silver Ghost“ für anspruchsvolle Kunden in kleiner Stückzahl handgefertigt. Der Luxus stand noch nicht im Vordergrund, der Wagen wurde vor allem für seine Robustheit und Zuverlässigkeit geschätzt. Bis heute wurden etwa 140.000 Rolls Royce gebaut. Die meisten davon sind noch fahrbereit. Die Automobilsparte wurde inzwischen an BMW verkauft.

 

Charles Stewart Rolls beließ es aber nicht damit, das beste Auto der Welt zu bauen. Ihn begeisterte die beginnende Luftfahrt mindestens ebenso. Er erwarb eine Maschine der Gebrüder Wright. Nachdem Louis Blériot 1909 unter großem Aufsehen der Flug über den Ärmelkanal gelang, schaffte Rolls es bereits ein Jahr danach, diese Strecke ohne Unterbrechung hin und zurück zu fliegen und gehört damit zweifellos zu den Pionieren. Außerdem machte er sich Gedanken um konstruktive Verbesserungen. Die wohl wichtigste Modifikation, die er an seiner Maschine vornahm, war die Verlegung des Leitwerks vom Bug ans Heck. Damit gelang ihm eine Weiterentwicklung, die sich durchsetzte und bis heute bewährt.

 

Charles Stewart Rolls lebte sein Leben in vollen Zügen und versuchte, aus Technik stets das Maximum herauszuholen. Als erster Cambridge Absolvent fuhr er ein Kraftfahrzeug. Mit 150 Stundenkilometern erreichte er einen Geschwindigkeitsrekord. Er gehörte zu den ersten Inhabern einer Fluglizenz des Royal Aero Club. Seit 12.7.1910 hält Charles Stewart Rolls hält einen traurigen Rekord: An diesem Tag stürzte er mit seiner Maschine ab und starb. Damit ist er der erste Brite, der bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Ausgerechnet das Teil, mit dem er den Flugzeugbau revolutionierte, nämlich das Heckleitwerk, lockerte sich während des Fluges. Rolls konnte die Maschine nicht mehr stabilisieren.