Am 19. August 1871, also vor 140 Jahren, wurde Orville Wright in Dayton, Ohio geboren.  Meistens wird er mit seinem vier Jahre älteren Bruder Wilbur gemeinsam genannt. Die „Gebrüder Wright“ sind in der Fliegerei zu einem Begriff geworden, denn ihnen gelang 1903 der erste Motorflug. Das war zwar noch ein recht kurzer „Hüpfer“ von nur 37 Metern und das Flugzeug war nicht viel länger als zehn Sekunden in der Luft. Aber in der damaligen Zeit war das bereits eine Sensation.

 

Die Wrights wurden von Zeitgenossen als sehr disziplinierte, fleißige, durchtrainierte, ernste und zurückhaltende Typen mit klaren Zielen beschrieben. Ihr Vater, ein Geistlicher, hatte sie nach streng religiösen Grundsätzen erzogen. Die beiden waren ein optimal aufeinander eingespieltes Entwicklungs- und Erprobungsteam. Zunächst befassten sie sich mit Druckmaschinen und Fahrrädern, später hatten sie sich der Fliegerei so vollkommen verschrieben, dass für ein entspanntes Privatleben oder gar  Ehefrauen gar kein Raum blieb. Keine Mitwisser zu haben, war auch aus Gründen der Geheimhaltung wichtig. Viele wollten damals hinter die Geheimnisse des Fliegens kommen und so verließen sich die Brüder lieber aufeinander, als andere einzuweihen. In der Nähe von Kitty Hawk an der Atlantikküste richteten sie in den Sommermonaten eine Versuchsbasis ein und experimentierten, bis die besten Lösungen gefunden waren. In Dayton entstand sogar ein erster einfacher Windkanal.

 

Während andere Flugbegeisterte wie Otto Lilienthal zunächst den Gleitflug in abschüssigem Gelände erprobten, war den Wrights bald klar, dass man einen Motor braucht, um eine Maschine dauerhaft in die Luft zu bekommen. Aus Sperrholz, Stoff und Draht wurde so leicht gebaut, wie es damals möglich war. Um die nötige Startgeschwindigkeit zu erreichen, setzte man den Flugapparat auf Schienen und beschleunigte ihn mit einem Fallgewicht. Gemeinsam mit diesem Katapult reichte die Motorleistung mit zwei Propellern gerade aus, um den notwendigen Auftrieb zum Abheben zu erreichen. Doch mit Geschwindigkeit allein ist es nicht getan. Das Fluggerät muss auch um alle Achsen lenkbar sein, um beherrschbar zu bleiben. Hierbei gelingen den Wrights wesentliche Entwicklungen, die sie schließlich von ihren Mitbewerbern distanzieren. Ungewöhnlich aus heutiger Sicht: Das Leitwerk sitzt vorn.

 

Durch permanente Optimierungen und zunehmende Erfahrung gelangen bald längere und höhere Flüge und eine präzisere Steuerung. Die Tüftler hatten ihre Maschine bald so gut im Griff, dass sie damit öffentliche Flugvorführungen zeigen konnten. Diese Veranstaltungen zogen regelmäßig Tausende in ihren Bann. Damit ließ sich gutes Geld machen und die Flugmaschine wurde bekannt. Die Brüder hatten nämlich nicht nur Enthusiasmus, sondern auch kaufmännisches Interesse und wollten neue Kunden für ihr Gerät gewinnen. Als erfahrene Mechaniker und Händler trauten sie sich den Bau größerer Stückzahlen zu. Auch in Berlin, auf dem Tempelhofer Feld, wurde das Fliegen 1909 der begeisterten Öffentlichkeit präsentiert. Veranstalter war der „Berliner Lokalanzeiger“. Die Zeitung bot ihren Lesern damit eine außerordentliche Sensation. 150.000 Zuschauer kamen. Auch der Kaiser war anwesend. Es war inzwischen sogar möglich, eine Passagier an Bord zu nehmen. Kronprinz Friedrich Wilhelm traute sich und flog bei Orville Wright mit. Die Menge war begeistert und feierte den Piloten wie einen Popstar. Sein Äußeres entsprach nicht etwa dem eines Technikers. Die Brüder Wright trugen bei öffentlichen Auftritten, selbst beim Fliegen, stets einen korrekten Anzug mit Krawatte.

 

Unter Historikern ist umstritten, ob die Wrights wirklich als erste Flieger gelten dürfen. Mit Sicherheit sind sie die Bekanntesten unter den damaligen Flugpionieren geworden.

 

 

Quellennachweis:

Das Bild wurde entnommen aus
Dr. Bröckelmann (Hrsg.)
„Wir Luftschiffer“
Verlag Ullstein & Co
Berlin und Wien 1909

Seite 341